Swisscontact befähigt Bäuerinnen und Bauern, zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften und auf die sich verändernden Klima- und Marktbedingungen reagieren zu können. Dazu werden zusammen mit dem Privatsektor, öffentlichen Institutionen und der Wissenschaft innovative Strategien entwickelt. Das Ziel dabei ist, den Agrarsektor hin zu mehr Nachhaltigkeit umzugestalten, indem ressourceneffiziente und widerstandsfähige Agrarsysteme entwickelt werden, welche die natürlichen Prozesse und Ökosysteme stärken.
«Generation Green 2020–2030» heisst die Strategie für den Agrarsektor in Marokko. Diese Vision stellt den Menschen ins Zentrum, denn die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Entwicklung ist eng mit der menschlichen Komponente verknüpft. Im Mittelpunkt des Projekts stehen der Schutz und die Wiederherstellung der Umwelt, die Verbesserung des Lebensstandards der Bauern und das Wohlergehen der landwirtschaftlichen Gemeinschaften.
Die Milchviehhaltung in Marokko steht vor grossen Herausforderungen. Die Qualität und die Menge der Milch pro Kuh sind gering, die Produktion ist abhängig von der Saison, und weil das Geschäft nicht rentiert, führen viele junge Menschen die Betriebe nicht mehr weiter. Zusammen mit Nestlé Marokko unterstützt Swisscontact den Aufbau einer neuen Generation professioneller, erfolgreicher und sozial engagierter Genossenschaften, welche insbesondere Jungunternehmerinnen und -unternehmern neue wirtschaftliche Betätigungsfelder eröffnen. Nestlé arbeitet mit den Milchbetrieben zusammen und verfolgt die Strategie der «Gemeinsamen Wertschöpfung», wobei Nestlé wiederum von einem verbesserten Liefer- und Qualitätsmanagement profitiert.
Das Projekt arbeitet mit Genossenschaften und Beschäftigten in der Landwirtschaft zusammen, um deren Bedürfnisse besser zu erfassen und abzudecken. Der erste Schritt besteht darin, die Wertschöpfungskette der Milchwirtschaft abzubilden, um die verschiedenen Akteure und ihre Rollen zu ermitteln sowie die Beziehungen zwischen ihnen zu verstehen. Aufgrund dieser Informationen wird ein nachhaltigeres und inklusiveres Geschäftsmodell entwickelt. Dadurch werden Betriebe ihre Produktion verbessern und gleichzeitig ihre Kosten gering halten können. Darüber hinaus stellt das Projekt die Integration von Jugendlichen und Frauen in das Modelldorf sicher, indem es ihnen eine Ausbildung anbietet, dank derer sie ihre unternehmerischen Ideen in die Tat umsetzen können.
Der innovative Ansatz der Feldschulen ist für die Viehzüchterinnen und Milchproduzenten in Marokko ein Novum. Das Projekt koordiniert die Feldschulen, wo die Landwirtinnen und Landwirte bewährte Vorgehensweisen kennenlernen im Bereich des Fütterungsverfahrens und der Massnahmen zum Schutz des Tierwohls. Durch die erlernten Tierhaltungspraktiken können sie nicht nur das Risiko von Tierkrankheiten verringern, sondern auch die Milchproduktion steigern und das Gleichgewicht von Aufwand und Ertrag verbessern. Bei den Feldschulungen handelt sich um eine interaktive Lernmethode; neben guten landwirtschaftlichen Praktiken lernen sie, ihre eigenen Beobachtungen und Analysen als Ausgangspunkt für Neuerungen zu nehmen, sich auszutauschen und ihre Erfahrungen weiterzugeben.
Mehr über die Feldschulen erfahren (auf Französisch)
Die Bäuerinnen und Bauern sind Teil informeller, sozialer Netzwerke für den Informationsaustausch, wobei jede Person jeweils unterschiedliche Informationen und Erfahrungen aus dem Netzwerk erhält. Mittels einer Analyse sollen die sozialen Netzwerke der Bäuerinnen und Bauern zunächst kartiert werden, um zu verstehen, wie sie Wissen und Technologien austauschen. Dabei werden die innovativsten und einflussreichsten Landwirte ermittelt. Diese können die Einführung und Verbreitung von guten landwirtschaftlichen Praktiken und neuen Methoden innerhalb ihrer Netzwerke erleichtern. Damit ist gewährleistet, dass genau die Verfahrensweisen ausgewählt werden, welche für die Bauernbetriebe am hilfreichsten sind. Durch die Verbesserungen in der Viehzucht und der Milchproduktion können sie produktiver und profitabler produzieren und letztlich ihre Lebensbedingungen verbessern.
«Es geht darum, dass die Bäuerinnen und Bauern lernen, Werte, Denkmodelle und Sprache zu teilen, gemeinsame Ziele zu definieren und organisatorische Fähigkeiten zu erwerben. Erst wenn diese Lernerfolge erreicht sind, wird das ‹Kollektiv› wirklich geboren. Dazu gehört die Fähigkeit, zu kommunizieren, zu kooperieren und im Team zu arbeiten. Wir haben gelernt, gemeinsam Entscheidungen zu treffen, ein gemeinsames Problem anzugehen und uns gegenseitig zu vertrauen. Gemeinsames Engagement führt uns in eine vorausschauende Zukunft.»
«Die Idee der kleinen Genossenschaften ist sehr überzeugend. Wir haben erkannt, dass wir viel effektiver miteinander arbeiten können. Wir sind zwar nur fünf Mitglieder, aber dadurch behalten wir den Überblick. Jeder von uns hat zum Aufbau und zum Betrieb der Genossenschaft beigetragen und hat eine eigene Rolle. Die gemeinsame Bewirtschaftung durch den gemeinsamen Stall und das gemeinsame Melken senkt nicht nur die Kosten, sondern spart uns auch Zeit, in der wir neue Aktivitäten zur Diversifizierung aufbauen können. Wir wollen Schritt für Schritt vorgehen, auf einer soliden finanziellen Basis. Derzeit überlegen wir, wie wir die Wasserversorgung durch die Installation eines Brunnens verbessern können.»
Saadia Ettorhi, Präsidentin der Frauenkooperative Milky
«Dank der Initiative von Nestlé und der technischen Unterstützung von Swisscontact wird der Traum einer funktionierenden Kooperative in naher Zukunft Wirklichkeit werden. Wir sind gerade dabei, den Gemeinschaftsstall der neuen Herde einzurichten, um die Kühe der Genossenschaftsmitglieder unterzubringen. Die Melkanlage und der Sammelraum sind bereits installiert. Der Schulungsraum kann genutzt werden. Wichtig ist nun, die Dienstleistungen der Kooperative gegen Entgelt auch Nichtmitgliedern zur Verfügung zu stellen und den Austausch guter Landwirtschaftspraktiken auf Gemeinschaftsebene weiter zu fördern. In diesem Zusammenhang stehen uns die ausgewählten Meisterproduzenten als Mentoren zur Seite. Der nächste Schritt besteht darin, die eingeleiteten Pilotexperimente zur Verringerung des CO2-Fussabdrucks für die Einführung einer nachhaltigen Milchwirtschaft zu prüfen. Das bereits installierte Solarkraftwerk ermöglicht jetzt schon eine massive Reduzierung des Stromverbrauchs. Darüber hinaus wollen wir unsere soziale Verantwortung in der Gemeinde wahrnehmen und Jugendlichen und Frauen Arbeitsmöglichkeiten anbieten.»
Das Projekt ist finanziert von Nestlé und weiteren Gebern. Dieses Projekt ist Teil des Entwicklungsprogramms von Swisscontact, welches von der DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA) kofinanziert wird.