Bangladesch: Digitalisierung im Aufschwung

Unternehmerische Ökosysteme, Weiterbildung und Umschulung
23.09.2024
In den letzten Jahren hat die Digitalisierung in Bangladesch insbesondere in den Bereichen Infrastrukturmodernisierung, Bereitstellung von Dienstleistungen und Förderung von Innovationen einen bemerkenswerten Aufschwung erfahren. Dabei engagiert sich Swisscontact für inklusive Digitalisierung und stellt damit sicher, dass marginalisierte Gruppen, darunter Frauen und junge Menschen, den gleichen Zugang zu digitalen Lösungen erhalten. Zwei Projektbeispiele zeigen auf, wie die digitale Transformation in Bangladesch einen bedeutenden und nachhaltigen Systemwandel bewirkt.
Eine Arbeiterin der Bekleidungsindustrie hebt ihren Lohn an einem Geldautomaten in Gazipur ab.

Digitale Banklösungen zur Verbesserung der finanziellen Gesundheit

In Bangladesch sind etwa 4,22 Millionen Menschen in der Bekleidungsindustrie tätig, darunter 2,5 Millionen Frauen. Der Sektor ist für fast 9,7 % des BIP und 84 % der Exporte verantwortlich (BGMEA, 2023). Jedoch haben nur 67 % der in diesem Sektor Beschäftigten Zugang zu Bankkonten, 12 % sparen formell oder informell und 38 % nutzen irgendeine Form von Kredit (meist aus informellen, riskanten Quellen).  

Um dies zu ändern, arbeitet das Projekt «Sarathi» mit einem Netzwerk von privaten und öffentlichen Stakeholdern wie Anbietern mobiler Finanzdienstleistungen, Fintechs, Start-ups, Schulungsanbietern, Behörden und wichtigen Berufsverbänden zusammen, um Angestellten der Bekleidungsindustrie und Gemeindemitgliedern den Zugang zu digitalen Finanzlösungen zu erleichtern. In der zweiten Projektphase von 2021 bis 2024 sollten so 500 000 Personen in den Distrikten Dhaka, Narayanganj, Gazipur und Chattogram erreicht werden – schliesslich waren es sogar 700 018.  

Weiter erhielten 414 700 Personen der Zielgruppe Zugang zu verschiedenen Finanzprodukten, wobei 125 735 diese Produkte auch genutzt haben. Bis heute haben 33 000 Beschäftigte und Gemeindemitglieder digitale Geldtransaktionen gemacht. Etwa 1900 Personen haben digitale Nanokredite erhalten, für die ihre Kreditwürdigkeit über eine alternative Bewertungsmethode, die auf künstlicher Intelligenz basiert, geprüft wurde. 18 % von 87 900 einkommensschwachen Arbeitnehmenden griffen auf digitale Mikrosparprodukte zu, und 17 220 Gemeindemitglieder wurden in Mikroversicherungen eingeführt und erhielten zusätzliche telemedizinische Dienstleistungen rund um die Uhr.  

Das Projekt wird von den Stiftungen MetLife Foundation und Happel Foundation kofinanziert.

Innovative Trinkwasserlösungen und kommunale Geschäftsmodelle

Eine junge Frau in Satkhira bedient einen Wasser-Automaten über einen digitalen Zahlungsmechanismus.

Satkhira in der südlichen Küstenregion von Bangladesch steht vor einer anderen Herausforderung: Die Region wird häufig von Wirbelstürmen und Überschwemmungen heimgesucht, was den Salzgehalt des Wassers erhöht. Deshalb ist die Region hinsichtlich Grundwasserversorgung und Salzwasserintrusion eine der gefährdetsten des Landes.

Das Projekt «H2O» entwickelte 2023 zwei Geschäftsmodelle für sauberes Trinkwasser in Satkhira: einerseits das Schul-Wasserkiosk-Modell an der Baikari Union High School und andererseits das Gemeinde-Wasserkiosk-Modell. Neben der Versorgung mit sauberem Trinkwasser verbessert Ersteres dank spezieller Hygienebereiche und der Bereitstellung von Damenbinden auch die Menstruationsgesundheit und -hygiene von Schülerinnen. Indem das Projekt «H2O» das Wasserunternehmertum in den Bildungskontext einbaut, unterstützt es nicht nur die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler, sondern klärt auch künftige Generationen über nachhaltige Wasserpraktiken und ihre Verantwortung für die Gemeinschaft auf.  

Schul-Wasserkiosk-Modell an der Baikari Union High School
Die Bereitstellung von Damenbinden verbessert die Menstruationsgesundheit von Schülerinnen.

Mit dem Gemeinde-Modell wurde in Bangladesch ein Wasserprojekt eingeführt, das die Gemeinden und ihre Solidarität stärken soll. Die Anwohnerinnen und Anwohner erhalten Zugang zu sauberem Wasser, was ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden verbessert. Ausserdem fördert die Initiative lokales Unternehmertum und transparente Führung innerhalb der Unternehmen, um sicherzustellen, dass diese langfristig überleben und der Gemeinde von Nutzen sind.

Durch das Gemeinde-Modell erhalten Anwohnerinnen Zugang zu sauberem Wasser.

Der Zugang zu sauberem Trinkwasser erfolgt mit einer aufladbaren Smartcard. Im Schul-Kiosk kann diese sowohl für den Bezug von Trinkwasser als auch von Hygieneartikeln verwendet werden. Beide Modelle umfassen einen digitalen Bezahlmechanismus für den Bezug von Wasser an einem der solarbetriebenen Wasserspender. 2023 wurden 412 Smartcards aktiviert, unter anderem auch für marginalisierte Gemeinschaften und Haushalte. Die digitale Initiative führte zu einer Wasserausgabe von 105 588 Litern in einem Jahr. Mit seinen digitalen Innovationen adressiert das Projekt «H2O» nicht nur die Wasserknappheit, sondern stärkt auch die Eigenverantwortung der Gemeinden durch eine effiziente und nachhaltige Wasserbewirtschaftung. 

Das Projekt H2O wird mitfinanziert von der Lokales Wasser 37 AG und der Max Ditting AG.

Beide Projekte sind Teil des Entwicklungsprogramms von Swisscontact, das von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) kofinanziert wird.

2022 - 2024
Bangladesch
Unternehmerische Ökosysteme
H2O: Innovative Geschäftsmodelle für sicheres und bezahlbares Trinkwasser
Obwohl das Menschenrecht auf Wasser von der bengalischen Regierung anerkannt wird, verfügen 60% der rund 160 Millionen Bangladeshi über keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Viele Menschen sind von verunreinigtem Oberflächen- oder Grundwasser abhängig. Ländliche und schnell wachsende (vor-)städtische Gebiete sind meist nicht an das öffentliche Trinkwassersystem angeschlossen. Menschen beziehen dort Wasser in fragwürdiger Qualität von inoffiziellen und informellen Anbietern zu hohen Kosten. 
2016 - 2024
Bangladesch
Weiterbildung und Umschulung
Sarathi – Fortschritt durch Verbesserung der finanziellen Gesundheit
Bangladesch ist einer der grössten Bekleidungsexporteure der Welt, wobei der RMG-Sektor (Ready-Made Garment) über 80% der Exporte des Landes ausmacht und mehr als 11% zum BIP beiträgt. In der Bekleidungsindustrie sind zwischen vier und fünf Millionen Arbeitnehmende beschäftigt. Viele RMG-Fabriken bezahlen ihre Arbeiterinnen und Arbeiter immer noch in bar und fallen daher nicht in den Zuständigkeitsbereich formeller Finanzinstitute.