Das unter der Federführung des tunesischen Bildungsministeriums durchgeführte und von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) finanzierte Programm ist an den Kontext von Tunesien nach der Revolution angepasst und ermöglicht die Ausbildung von rund 6000 Personen. Die berufliche Eingliederungsquote liegt dabei durchwegs über 75%.
Faten Banaouas, Direktorin des ReeT (Réseau des Entreprises d’Entraînement en Tunisie; Netzwerk der Ausbildungsbetriebe in Tunesien), erläutert die Hintergründe, spricht über die Vorteile des Programms für Unternehmen, aber auch über die Herausforderungen eines hocheffektiven beruflichen Integrationssystems.
Was hat das Netzwerk der Ausbildungsbetriebe ReeT in den letzten Jahren in Tunesien erreicht?
Das ReeT hat eine neue Ausbildungsmöglichkeit für die berufliche Integration junger Hochschulabgänger geschaffen. Es bietet während dreier Monate eine hocheffektive Ausbildung am Arbeitsplatz an, und zwar in einem Umfeld, das den realen Anforderungen der tunesischen Arbeitgeber entspricht.
Heute verfügt ReeT über sieben Ausbildungsbetriebe in drei Regionen. Diese haben bereits die berufliche Integration von mehr als 1000 Absolventen ermöglicht, welche von 580 Unternehmen, darunter grosse tunesische Marken, eingestellt wurden. Angesichts der guten Ergebnisse mit einer Eingliederungsquote von 82% sind wir dabei, für die kommenden Monate weitere Ausbildungsunternehmen zu gründen.
Darüber hinaus bildet ReeT derzeit rund 860 Studierende aus, um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern und sie auf ihren Einstieg in die Arbeitswelt vorzubereiten.
Wer sind die jungen Leute, die konkret profitieren?
Junge Absolventen, die einen Arbeitsplatz suchen, aber auch Studierende, die sich auf die Arbeitswelt vorbereiten.
Wie profitieren die Unternehmen?
Die Ausbildungsunternehmen sind ein echter Service für Unternehmen und eine innovative Antwort auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber, die in Tunesien mit einer sehr hohen Fluktuation von jungen Fachkräften konfrontiert sind. Indem sie zertifizierte und einsatzbereite Jugendliche an Bord holen, können sie das Einstellungsrisiko erheblich verringern und gleichzeitig die Dauer der Integration der jungen Personen in das Unternehmen erleichtern und verkürzen.
Könnten Handels- oder Dienstleistungsunternehmen in Tunesien nicht Lehrlings- oder Praktikumsverträge mit jungen Menschen abschliessen und sie selbst ausbilden? Warum braucht es Ausbildungsbetriebe?
Die Ausbildungsbetriebe sind eher eine Alternative zu Praktika und Lehrstellen. Ein gut strukturiertes Unternehmen mit einer echten Personalpolitik kann seine jungen Leute perfekt intern ausbilden. Doch leider sind nicht alle Unternehmen dazu in der Lage, insbesondere KMUs.
Ausserdem ist die Ausbildung nicht mit der einer Lehre oder eines Praktikums vergleichbar. Einerseits werden die jungen Menschen enger geführt, anderseits gibt es eine praxisorientierte Lernkultur im Sinne von «learning by doing». Da wir wissen, dass vielen arbeitssuchenden Jugendlichen das Selbstvertrauen fehlt, werden sie in einem Ausbildungsbetrieb in einem geschützten Umfeld und von Fachleuten, die ausschliesslich dafür bestimmt und ausgebildet sind, eng begleitet.
Worin besteht der Nutzen für die Unternehmen?
Das Unternehmen kann die Ausbildung seiner neuen Mitarbeitenden an das Ausbildungsunternehmen delegieren und so die Kosten für die interne Ausbildung reduzieren. Es kann auch junge Menschen einstellen, die in der Anwendung von spezifischen Standardprozessen und -werkzeugen geschult wurden. Zudem entspricht es der einstimmigen Forderung der tunesischen Arbeitgeber, dass ein spezieller Fokus auf die sozialen Kompetenzen gelegt wird.
Warum sind Zertifizierungen wichtig?
Die Zertifizierung garantiert die gleichbleibende Qualität der Ausbildung und die Glaubwürdigkeit der Ausbildungsbetriebe. Zudem wird das Schweizer Modell auch von jungen Menschen, Arbeitgebern und dem Arbeitsmarkt im Allgemeinen sehr geschätzt.
Welches sind die grössten Herausforderungen?
Die grösste Herausforderung bleibt die institutionelle Verankerung und die Aufrechterhaltung des Systems der Ausbildungsbetriebe.
Der Aufbau einer Zusammenarbeit zwischen der Nationalen Agentur für Beschäftigung und unabhängige Arbeit (ANETI) und dem ReeT könnte die Ausweitung des Programms ermöglichen, um einen Weg vorzuschlagen, wirksam und konkret in die Beschäftigung zu investieren, die Ausgrenzung und die Arbeitslosenquote zu verringern und die Beschäftigungsfähigkeit vieler Hochschulabsolventen und Arbeitssuchenden in verschiedenen Regionen Tunesiens zu verbessern.