Ein solides Fundament: Förderung der Berufsausbildung im ukrainischen Baugewerbe

Seit März 2020 unterstützt Swisscontact die Baubranche in der Ukraine bei der Ausbildung qualifizierter Fachkräfte. Das Projekt EdUP (Public-Private Partnership to Improved Professional Education in Ukraine) ist darauf ausgelegt, das Berufsbildungssystem im Privatsektor besser an die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts anzugleichen und die Ausbildung von Handwerkerinnen und Handwerkern in der Bauindustrie an EU-Standards anzupassen.

Vier Jahre nach dem Start des Programms sind durch den Angriffskrieg Russlands ganze Städte zerstört worden. Für den Wiederaufbau des Landes werden dringend Fachkräfte im Baugewerbe gebraucht, zumal der Wirtschaft immer mehr junge Menschen fehlen. Daher ist jede Arbeitskraft, die beim Wiederaufbau helfen kann, unverzichtbar und sollte möglichst gut qualifiziert sein. Gleichzeitig muss die Übernahme internationaler Standards in der Ausbildung vorangetrieben werden, denn die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der EU haben im Dezember 2023 beschlossen, die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen.

Kapazitäten für die duale Fachausbildung stärken

Das EdUP-Programm wurde unter der Leitung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) entwickelt und in Partnerschaft mit Geberit Trading LLC und Sika Ukraine LLC realisiert. Swisscontact setzt das Projekt mit Unterstützung des ukrainischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft um. In enger Zusammenarbeit mit dem Privatsektor wird das duale Berufsbildungssystem im Bausektor gefördert. Dies geschieht durch den Aufbau von Kapazitäten, die Vermittlung von zeitgemässen Lehrplänen und -methoden, Investitionen in Lehrmittel und Schulen sowie den Aufbau von Unterstützungssystemen und einer Geschäftsplattform. So sollen ukrainische Berufsbildungsanbieter in die Lage versetzt werden, eigene nachhaltige Programme aufzubauen.

In der ersten Projektphase von 2020 bis 2023 unterstützte EdUP 25 lokale Berufsschulen in 21 Bezirken vor allem bei der Ausbildung von Sanitärfachleuten. Auszubildende, Meister und Berufsschullehrerinnen und -lehrer erhielten eine bessere Infrastruktur für den Unterricht. Die Fachausbildung wurde durch Kurse über Erwerbstätigkeit, innovative Technologien und Unternehmensplanung ergänzt, und die Koordination zwischen den Berufsschulen und der Sanitärbranche wurde gestärkt. Aufgrund der guten Fortschritte wurde das Programm auf heute 29 Ausbildungsstätten ausgeweitet, in denen Sanitärfachleute, Fassadenisolierer, Schweisserinnen, Elektriker, Fliesenlegerinnen und Betonbauer ausgebildet werden. Ein zentrales Ziel war, den Anteil der weiblichen Auszubildenden in den Bauberufen zu erhöhen.

Wiederaufbau als Beitrag zur Konfliktbewältigung

Der Krieg in der Ukraine erschwert die Ausbildung für alle Auszubildenden, aber auch für die Projektmitarbeitenden und Partner. Eine der Berufsschulen wurde durch Kampfhandlungen komplett zerstört, eine weitere schwer beschädigt. Angesichts der fast täglichen Angriffe auf die materielle Infrastruktur des Landes ist es kaum möglich, die Sicherheit der Teilnehmenden ausreichend zu gewährleisten. Andererseits machen die Zerstörungen schonungslos deutlich, wie wichtig der Aufbau dieser Kapazitäten ist. Neben der Infrastruktur des Landes muss mithilfe des Privatsektors auch das Berufsbildungssystem aufgebaut, modernisiert und digitalisiert werden, damit es langfristig zur Bewältigung der Konfliktfolgen beitragen kann.

Eine verbesserte Fachausbildung im Bausektor hilft, Abwanderung zu verhindern und aus dem Ausland Zurückkehrenden eine berufliche Perspektive zu bieten. Auch Kriegsversehrte und Binnenflüchtlinge aus den derzeit umkämpften oder von russischen Truppen besetzten Landesteilen können auf diesem Weg reintegriert werden und ihre Einkommensmöglichkeiten verbessern. Angesichts des Fachkräftemangels sind die Arbeitgeber bereit, qualifizierten Mitarbeitenden angemessene Löhne zu zahlen und attraktive, zeitgemässe Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. 

 

Auf dem Weg in eine inklusive, digitale Arbeitswelt

In der nächsten Projektphase bis 2027 werden die Industriepartner und Bildungseinrichtungen das Lernangebot um zusätzliche Kurse und Inhalte erweitern. Dazu gehören neue Module in der Erwachsenenbildung und die Anerkennung früher erworbener Kenntnisse. Neben der entsprechenden technischen Ausstattung werden elektronische Lernmaterialien bereitgestellt, die Lehrende und Lernende gleichermassen auf eine umfassend digitalisierte und inklusive Arbeitswelt vorbereiten. Der Privatsektor soll noch stärker in die Aufbereitung und die Bereitstellung von Lerninhalten eingebunden werden und die Ausbildung von Fachkräften in der Baubranche begleiten und unterstützen. Das erweiterte Bildungsangebot wird zunehmend auch Themen wie effektive Unternehmensführung und Berufsberatung für Absolventinnen und Absolventen beinhalten, um eine enge Abstimmung mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts zu gewährleisten.

Projektresultate bis Ende 2023

  • 2444 Neueinschreibungen von Auszubildenden in der Sanitärbranche
  • Verbesserte Ausbildung von über 3400 Sanitärfachleuten
  • Neue E-Learning-Lehrmittel in Berufsschulen: interaktive Lehrbücher für mobile Anwendungen zu den Themen «Rohre und Armaturen», «Heizung», «Wasserversorgung» und «Abwasserentsorgung»
  • Bereitstellung kostenloser Video-Tutorials und fachlicher Unterstützung durch Unternehmen
  • Fortbildungsangebote und Entwicklung von 19 Geschäftsplänen für Berufsschulen durch die Akademie der Direktoren
  • Auszubildendenwettbewerbe (2021 und 2023) mit über 280 Teilnehmenden aus 22 Berufsschulen werben für die Ausbildung im Sanitärgewerbe
  • Fortbildungsreihe «Innovation in Modern Plumbing Education» für über 80 Berufsschullehrer und Meister: 4 Veranstaltungen, 13 Schulungstage, Referenten aus 18 Unternehmen
  • Verbrauchsmaterial für den Unterricht an 25 Berufsschulen seit Kriegsbeginn
  • Zusätzliche sanitäre Anlagen und Verbrauchsmaterial für 10 Berufsschulen mit über 700 Binnenvertriebenen

Projekte wie EdUP tragen dazu bei, den physischen Wiederaufbau der Ukraine professionell und praxisnah zu gestalten und die Anpassung der Volkswirtschaft an internationale Standards voranzubringen, inklusive der Entwicklung einer umfassenden digitalen Infrastruktur. Mit der angemessenen materiellen und finanziellen Ausstattung kann das Ausbildungssystem ausreichend Fachkräfte für den Wiederaufbau bereitstellen und die Attraktivität der Baubranche für Arbeitnehmende erhöhen.

Wenn das Land diesen Weg mit internationaler Hilfe weitergeht, wird es mittelfristig den Anschluss an europäische Märkte und Strukturen finden. Private Unternehmen, Bildungseinrichtungen und die öffentliche Hand können zusammen mit Partnern wie Swisscontact das Fundament für die Erneuerung der Ukraine legen, damit das Land mit einer besseren und moderneren Bausubstanz, aber auch mit einem zeitgemässen Berufsbildungssystem aus dem Konflikt hervorgeht.

 

«Unser gemeinsames Ziel ist, den Menschen eine Arbeit zu geben, damit sie ihren Lebensunterhalt verdienen können. Nach zwei Jahren Pandemie und zwei Jahren Krieg brauchen die Menschen Hoffnung, um in eine bessere Zukunft blicken zu können. Die Projektaktivitäten sind für die Wirtschaft und den Staat insgesamt sehr wichtig. Zum einen gibt es in der Ukraine viele Baustellen, auf denen qualifizierte Arbeitskräfte benötigt werden. Zum anderen wird gerade ein neues Berufsbildungsgesetz erarbeitet. Wir bewegen uns also auf der Welle, machen wichtige Dinge und beteiligen uns an der Reform der Berufsbildung.»

Oleksii Rakov, Geschäftsführer Geberit Trading LLC, Kiew/Ukraine

Das Projekt ist ein Mandat der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), das von Geberit Trading LLC und Sika mitfinanziert wird.

Ukraine
Berufliche Erstausbildung
Öffentlich-private Partnerschaft für eine bessere Berufsausbildung in der Ukraine

Das Projekt fördert ein dezentralisiertes Berufsbildungssystem für Sanitärinstallateure, das durch Investitionen des Privatsektors unterstützt wird. Jungen Menschen können dadurch Fähigkeiten erwerben, die auf die Bedürfnisse des Marktes zugeschnitten sind. Dies ermöglicht es ihnen, in den Arbeitsmarkt einzutreten und höhere Einkommen zu...
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